8. Just married?

Tag 35, Date 2, Leo

Also … irgendwie ging jetzt doch alles mal ordentlich fixer als ich gedacht hätte. Von wegen 150 Dates und dann mal sehn, was aus uns wird? Aber was soll’s: Das Leben läuft erstens immer anders und zweitens als Mann denkt. Und drittens muss man das Glück bei den Eiern packen, wenn’s einem so geschmeidig in den Schoß fällt.

Tja.

Hier steh ich also am Altar und mach mir vor Aufregung fast in die Hose. Krass. „Alter, mach dich mal locker!“, raunt mir mein Trauzeuge Ali zu. Der passt nicht nur auf meinen Ring auf, sondern checkt gleichzeitig die Trauzeugin meiner Braut auf der anderen Altarseite aus. Wird Zeit, dass der sein Testosteron mal unter Kontrolle kriegt, sonst begattet der später noch alle weiblichen Gäste. Andererseits: Ali ist auf dem Singlemarkt und steht voll dem Saft… Und wer weiß: Vielleicht sind er und die Rothaarige ja ein Match? Dass meine Angebetete ausgerechnet DIE als ihre Trauzeugin auserkoren hat, finde ich einen interessanten Move. Aber immerhin hat sie uns zusammengebracht und mit ihrer Prognose Recht behalten.

Ich versuch mich also abzulenken und checke (zum zehnten Mal), ob mein weißes Hemd unter dem Anzug richtig sitzt. Safety first. Dann schau ich in die Reihe der Gäste, wo nicht nur unsere Eltern und unsere Freunde sitzen, sondern auch Clausi…

Geht’s noch? Der wird sich ja wohl keine Hoffnungen mehr bei meiner Flamme machen, der Batzi!? Wer hat den bitte eingeladen?

Mann, ich dreh gleich durch, wenn sie nicht auf der Stelle… Ah, zum Glück, es ist es soweit: „Love, love, love…“ schmettert der Chor von der Empore. Und zwischen den Gästen springen Bläser auf und tröten mit. Tuba, Trompete und die ganze andere Blechbläserei. „All you need is love“ soll auch das Motto unserer Ehe sein. Mega kitschig. Aber der Wunsch meiner Braut – und ihr Wunsch ist mir Befehl! Da tritt sie von ihrem Vater geführt von hinten in die Kirche und schreitet auf mich zu. Checkpot, alles richtig gemacht! Oder…? Oder nicht? Oder doch? Scheiße…

Ja, okay, ein bisserl schnell ging das jetzt schon mit ihr und mir. Und ein bisserl schnell geht das jetzt auch, denn da steht sie schon am Altar neben mir und lächelt mich an. Wow. Aber so hübsch. Die Augen. Die Grübchen. Okay, ein wenig verbrannt riecht’s. Aber wurscht. Ein fettes High Five zu mir selbst! Gegen ihren leicht angebratenem Geruch kann man ja was machen. Paar Spritzer von Aqua di Gio oder Febreze über den Schleier und schon riecht die Gute wieder frisch wie jeder Werbe-Aroma-Frühling!

Gott sei dank legt nun auch der Pfarrer ’nen Gang zu und spurtet durch die restliche Zeremonie wie Felix Neureuther durch die Slalomstangen –  denn je früher ich meine Braut küssen kann, desto besser! Ich fantasiere schon davon, wie ich sie auf meinen Armen durch die Tür und bis auf das große, einladende Bett trage – und dabei wird mir plötzlich in gewissen Körperregionen ganz heiß. Fuck. Hoffentlich sieht man das nicht! Was ist bloß los mit dir, Mann! Wir sind in der Kirche! Unruhig verschränke ich meine Arme wie zum Gebet vor meiner Hüfte. „Lieber Leo, ich will dich lieben, achten und ehren 
und dir stets die Treue halten, jeden Tag mindestens zwei Mal Sex mit dir haben, denn du bist mein Glück, meine Liebe, mein Leben!“, seufzt sie mit ihrer perfekten Stimme und strahlt mich mit ihren perfekten Augen an.

„Herr Leo Schwarzhuber nun ist es an Ihnen, Ihr Ehegelöbnis zu sprechen.

Logo. Mach ich doch glatt. Los geht’s: „Also, liebe…“ Erwartungsvoll schaut mich die Frau meiner Träume an. Ja, wie jetzt…? Zweiter Versuch. Den ersten hab ich sicher nur wegen Lampenfieber versemmelt. Also Anlauf nehmen und mitten rein ins Glück: „Also liebe…“

Doch da kommt wieder so gar nix, nada, niente. Weder aus meinen Hirnwindungen noch aus meinem Mund! Und warum nicht? Weil, ja weil… Oh no. NATÜRLICH!!! Weil ich verf…ckt nochmal immer noch nicht weiß, wie meine Braut heißt. Sag mal, du Penner, geht’s noch?! Ich durchforste meine hirnlosen Schädel-Hallen. Irgendwo muss doch zumindest eine Ahnung sein – der Hauch einer Idee …. Eine Schweißperle bildet sich auf meiner Stirn.

Langsam geht auch meiner Braut auf, dass ich keinen Schimmer habe, wie sie heißt. Wie im Zeitlupen-Tempo rutschen ihre Mundwinkel nach unten.

„Ähhh… Es tut mir so leid, mein Schatz, aber, aber….“, haspel ich.

„Du weißt meinen Namen nicht!“, zischt sie mir so frostig entgegen, dass im Vergleich zu ihr die Eiszombies aus „Game of Thrones“ wie flauschige gute Laune-Schlümpfe wirken.

„Äh, also, was soll ich sagen. Aber es könnte vielleicht so sein. Also ganz eventuell…“

Und da kommt sie schon auf mich zu, die Faust der Braut, die sich traut. Die sich traut, ’nen Kerl zu verprügeln! ZONKA ist das Geräusch, das meine Lippe macht, als sie unter dem Aufschlag des Bräutchen-Fäustchen platzt.

Und ZONKA ist das Geräusch, den mein Wecker von sich gibt, als er auf dem Boden in 1000 Teile zerspringt. Nach dem ich ihm einen Schwinger mit meiner Faust versetzt habe. Aber warum eigentlich… WECKER?

Ich blinzle verschlafen auf das Ziffernblatt: 23.30 Uhr. Stimmt. Ich hatte mich kurz hingelegt, um nachher trotz Frühschicht fit zu sein. Und langsam fügt sich der müde Hirn-Brei wieder zusammen: Ich hab das ganze Hochzeits-Gedöns nur geträumt. Ich stehe nicht vorm Altar, sondern treffe das Mädel in ’ner halben Stunde zu unserem zweiten, richtigen Date.  Zu einer total absurden Uhrzeit zugegebenermaßen, aber gut. Keine Hochzeit! Halleluja.

Ich bin total erledigt und streiche mir müde die wirre Haarpracht aus der Stirn. Trotzdem. Kurzer Faktencheck, was mir das alles sagt:

  1. Dass ich das Mädel mit den katzengrünen Augen und den süßen Grübchen schon nach den ersten zwei Begegnungen besser finde, als mir lieb ist.
  2. So gut, dass ich mich nach einem elendiglich langen Arbeitstag auf ein super spätes Date einlasse – auch wenn ich morgen früh um halb acht auf Fortbildung fahre. Mist.
  3. Und – dass die Sache ganz schön mies enden kann, wenn ich nicht endlich im Eiltempo ihren Namen rausfinde!

Noch schnell ein Schwung kaltes Wasser ins Gesicht und ich fühle mich halbwegs fit für das Date. Und nachdem ich mir nur drei bis vier Mal ein anderes T-Shirt angezogen habe (muss schon irgendwie halbwegs nach was ausschauen), bin ich auch bereit für den Aufbruch. Cool bleiben, Leo. Das ist nur ein Date. Du musst sie ja nicht gleich heiraten. Alles easy. Ich bin schon zu Tür raus, da „pingt“ es plötzlich in meiner Jackentasche.

Unbenannt

Ich starre auf mein Handy. Krass. Feli heißt sie! Wusst‘ ich’s doch.

 

 

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