12. Susi-Schmusi – Part I

Tag 56, Date 3, Leo:

Oh Mann, fühl ich mich scheiße! Feli an ihrer Haustür einfach so stehen zu lassen! Aber was wie heißt’s so schön… manchmal muss man eben Prioritäten setzen.

„Und DER Frau geb ich’s jetzt!! Und zwar so richtig!!“ – denke ich mir, als ich schon im Auto sitze und mir meinen Weg durch die Innenstadt zum Museumkino am Gasteig bahne. Ja, ich kann mich tatsächlich noch an das Kino erinnern…  als ich mit Susi dort vor etwa drei Jahren in die Originalversion von Guardians of the Galaxy gegangen bin.

Während ich so vor mich hinfahre, brodelt es in mir und ich tue mich schwer, das vorgeschriebene Geschwindigkeitslimit einzuhalten. Mit anderen Worten, ich brettere mit 70 durch die Straßen und – ZACK!! – schon bin ich geblitzt. Verdammte Scheiße! Jetzt wird der Spaß auch noch richtig teuer …

Ich halte an einer roten Ampel und schaffe es mit ein paar Mal kräftig Durchatmen, dass sich die Aufregung in mir ein wenig legt.

„Ruhig! Ganz ruhig! Jetzt eins nach dem anderen“, sage ich zu mir im Rückspiegel.

In dem Moment schaltet sich auch schon ohne jegliche Vorankündigung mein innerer Kritiker ein: „Halloooo?! Du lässt gerade tatsächlich eine Hammerfrau, eine echte Gourmet-Sahneschnitte, für die du auch noch mehr empfindest, mit der du obendrein noch gerade am Rumknutschen warst und die dich gerade in ihre Wohnung mitnehmen wollte (!!) , eiskalt stehen. FÜR DAS HIER!?!? Nice Move, Vollidiot!“

Auf einmal bekomme ich große Augen. FUUUUUUUCK!!! Und was war das überhaupt für eine Verabschiedung?!?

„Servus. Bis bald.“  – Sag mal, geht’s noch?! Erstens sagt man, nachdem man mit einer Frau, mit der man gerade den wahrscheinlich besten Kuss seines Lebens erlebt hat, nicht einfach „Servus“! Und zweitens: Warum „bis bald“?? Wenn du doch eh vorhast in spätestens einer Stunde wieder zurück zu sein? Dir ist echt nicht mehr zu helfen.

Mein Blick wandert zur Ampel. Noch rot. Okay, ich schreib ihr einfach schnell! Feli natürlich… nicht der anderen.

Ich krame mein Handy umständlich aus meiner Hosentasche am Hintern, überlege gerade, was ich eintippen soll, da hupt es schon hinter mir. Grün! Mist! Ich winke dem Stresser hinter mir schnell entschuldigend zu und fahre los. Während ich schalte, versuche ich nebenbei mit einem Auge aufs Handy schielend zu tippen: „Sorry, wegen gerade eben. Bin… in… einer… Stunde…wieder…da… LG, Leo.“

Puuuhh! Gerade nochmal die Kurve gekriegt. Hoff ich zumindest.

Knapp zehn Minuten später biege ich am Gasteig in die Lilienstraße ein und suche mir einen Parkplatz. Mein Handy auf dem Beifahrersitz brummt dabei erneut wie eine Hummel im Kamikaze-Flug. Bevor ich einen Blick darauf werfen kann, fährt schon ein uralter Mann mit Nickelbrille mit seinem mindestens genauso antik wirkenden 1er-Golf aus einer Parklücke… und braucht dafür auch noch eine gefühlte Eeeeewigkeit. Ich seufze.

„Mann, Opa! Mach hin! Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!!“ will ich ihm zubrüllen, lasse es aber dann doch bleiben. So viel Anstand habe ich selbst in solchen Momenten noch. Nach nur sechs-/siebenmal Drehen und Wenden, Vorwärts- und Rückwärtsgang hat er’s dann endlich geschafft. Ich parke ein, stelle den Wagen ab und schaue auf mein Handy.

Doch nicht Susi hat mir nochmal geschrieben, sondern Feli! Und auch noch das:

 

Feli:     „Hääää? Wer zur Hölle ist Bini? Und was macht die in deinem Bett?“

(eine Minute später)

Feli:     „???“

(zwei Minuten später)

Feli:     „????????????????????????????????????“

 

Nun verstehe ich überhaupt nichts mehr. Wie konnte ein so sonnengereifter, erdbeeriger Tag mit einem Mal binnen nicht mal einer halben Stunde so chaotisch werden?

„Selber schuld, Vollpfosten!!“ meldet sich meine innere Stimme wieder.

Und die Frage ist wirklich berechtigt: WER ZU HÖLLE IST BINI? Etwas verwirrt scrolle ich in unserem Chatverlauf nach oben. Was da steht bzw. was ich während der Autofahrt im halben Blindflug getippt habe, lässt mir fast die Augen aus dem Gesicht schießen: „Bini…im…Bett…Stundde…wiedr da… LlLeo“ Ich dreh durch! Scheiß-Autokorrektur!

„So, jetzt nochmal  gaaaanz ruhig und EINS. NACH. DEM. ANDEREN.“ (Manchmal ist die innere Stimme auch zu was gut.)

Okay, erstmal aus dem Auto aussteigen.

CHECK.

Jetzt Feli den RICHTIGEN Text schicken. MIT Verweis auf die damische Autokorrektur und dem kleinen Zusatz, dass es keinerlei Bini je in deinem Leben gegeben hat und auch nie geben wird, und dass du ihr alles erklären wirst, wenn du wieder bei ihr bist.

CHECK.

Ichbinpeinlichberührt/BärchenhältsichdieAugenzu-Smiley hinterherschicken.

CHECK.

Es dauert zum Glück nicht lange und Feli schreibt zurück:

Feli:     Puuuhh… (*Zwinker-Smiley*)

Feli:     Und ich hab schon befürchtet…

Feli:     Dann bis nachher?  

Ich atme durch. Zum Glück ist sie eine, die relativ oft auf ihr Handy schaut. Dann schickt sie noch einen Kuss-Smiley hinterher.

Erster Kuss-Smiley von Feli.

CHECK.

Zum Glück ist sie mir nicht bös’. Hab ich doch noch gut gerettet. Ich gebe mir selbst ein gedankliches High Five.

Und nun zu der anderen, die es in meinem Leben wirklich gibt. Ich biege gerade um die Ecke zum Kino, da steht sie auch schon vor mir mit ihrer blonden Mähne und ihrem verstohlenen Lächeln und fällt mir um den Hals. SUSI.

Fuck.

Plötzlich schlägt mein Herz bis zum Hals.

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