2. Girl meets boy – Part I

Tag 1, Feli:

„I’m screwed“ – wie man auf Englisch so schön sagt. Ich bin total erledigt – wäre das Deutsche Äquivalent. Kreizkruzinäsn! Mehr fällt mir auf Bairisch nicht ein.

Ich starre auf mein Handy und stoße einen lauten Fluch aus. Wie habe ich mich nur in diese Situation hinein manövriert?! Wie?! Unruhig beiße ich mir auf die Lippe. Die bei der Aktion natürlich prompt anfängt zu bluten. Verdammt.

Eineinhalb Jahre später. Und kein Stück weiser….. Waaaaaah!!!! Ich schmeiße mich ächzend auf’s Bett.

Dabei habe ich mir ganz klar geschworen, erstmal nur mein Leben zu leben. Es ist gut so wie es ist: Ich bin happy, solo, ungebunden! Und jetzt stehe trotz aller Vorsätze hier und beiße mir die Lippe blutig. Toll! Seufzend verkrieche ich mich unter meine Lieblingsdecke. Denn dort kann ich einen weiteren lauten Fluch ausstoßen, ohne dass meine Nachbarn alarmiert an die Tür klopfen.

„So eine mistverdammte Scheiße!“

Sehr erwachsen. Natürlich dauert es auch keine zwei Minuten, bis ich doch nochmal zu meinem Handy greife, während mir ein aufgescheuchter Tarantino beruhigend schnurrend um die Beine streift.

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150 Tage??? Wie kommt der bei all unseren Reden über den theoretischen Zeitraum, nach dem überhaupt erst mit mit halbwegs sicherer Wahrscheinlichkeit sagen kann, dass man zusammenpasst und eine Beziehung wagen könnte, ausgerechnet auf die 150 Tage?? Das ist natürlich purer Zufall. Oder auch nicht? Sofort breitet sich ein großes Grinsen auf meinem Gesicht aus. Ob ich will oder nicht. Hmmmm…

Als ich mich selbst dabei ertappe, ziehe ich stöhnend die Decke wieder über meinen Kopf. Und jetzt? Jetzt werde ich diesen Typen wohl wiedersehen. Oder ich kneife. Aber das ist nicht meine Art – oder? Zefix! Was antworte ich jetzt???

Irgendwie klopft mein Herz und ich bin in einer scheiß-emotionalen Zwickmühle. Dabei fing alles so harmlos an:

Ich hatte schon nach einer Stunde die passende Valen-keins-Tag Beschäftigung gefunden. Er küsste ganz passabel. Nur …. das Geatme in mein Ohr nervte tierisch.

„Oh mein Gott, du machst mich echt an!“, hauchte er heiser an meinem Gesicht.

Ich bemühte mich nicht zusammenzuzucken, als er mir mit diesen Worten wieder heiße Luft in mein Ohr pustete.

„Hmmmm. Oh ja“, sagte ich. Und versuchte, mich auf die Lippen auf meinem Mund und die Hände um meine Hüften zu konzentrieren.

„Naa …“ Zwei weitere Minuten des (bemüht) selbstvergessenen Knutschens später hatte sich der Typ von meinen Lippen gelöst und zwinkerte mich vielversprechend an.

„Gehen wir noch auf einen Absacker zu mir?“

Ich warf einen skeptischen Blick auf die Uhr, überlegte eine Sekunde.

„Hmm … ne. Sorry. Ich muss morgen echt früh raus.“

„What???“ Der Typ war ernsthaft entsetzt.

Ich zuckte nur mit den Schultern. „Sorry, aber heute ist das bei mir nicht drin.“ Im Endeffekt hatte ich einfach keine Lust auf ein weiteres, potentielles Kopulations-Hexenschuss-Drama. Äußerst unwahrscheinlich, aber mein Bedarf an peinlichem, unverbindlichen Sex war für diesen Tag einfach gedeckt.

„Ok.“ Der Typ akzeptierte es schließlich und zog nach einem letzten Kuss ab. Ich tanzte noch ein Lied mit und schnappte mir dann zufrieden meine Jacke. Es tat echt gut, mal auszugehen, ein bisschen die Sau rauszulassen. Und dann aber ohne Stress alleine nach Hause zu gehen. Muss ja nicht unbedingt sein. Erst recht nicht am Valen-keins-tag.

Ich war schon fast zur Tür raus, als mir aus den Augenwinkel ein Kerl mit dunklem Wuschelkopf auffällt. Ich hatte ihn schon vorher gesehen, wie er relativ offensiv mit einem rothaarigen und ziemlich betrunkenen Mädel in einer Ecke der Tanzfläche rumgeschoben hat. Ganz offensichtlich auch ein Abend-Aufriss. Aufgefallen ist er mir nun beim Rausgehen aber nicht wegen der Knutscherei, oder weil ich ihn selbst heiß fand. Aufgefallen ist er mir wegen dem Mädel, dass sich in dieser Sekunde in einer ziemlich beeindruckenden Fontäne mitten auf die Tanzfläche übergab. Der Typ war völlig hilflos.

„Scheißeeeeee!“

„Bjööööörrrrgffff“

Das Mädel nahm einen neuen Anlauf um ihren Magen auf die Schuhe des Typen zu entleeren. Ich konnte nicht anders, mein Helfersyndrom schaltete sich ein.

„Hey… lass uns erstmal aufs Klo gehen, ja?“ Ich stieg vorsichtig um die Lache herum, nahm das Mädel an der Hand und führte sie vorsichtig Richtung Toiletten. Der Typ war inzwischen aus seiner Starre erwacht und hakte sich ebenso hilfsbereit unter.

„Alles halb so wild. Passiert den Besten …“, er grinste mich dankbar an.

Nachdem wir die Arme in ziemlich guter Kooperation gemeinsam auf die Toilette verfrachtet, gesäubert und schließlich in ein Taxi gesetzt hatten, warf sie uns noch einen schwankenden Blick zu: „Ey … ihr wärdechtngutesPaar. Ehrlich Mann, ihrssseid end süß zusam…“ Damit fiel sie nach links auf die Rückbank und begann zu schnarchen.

Ich musste spontan lachen: Ja klar! Während ich nun selbst seufzend begann, nach einem Taxi Ausschau zu halten, zuckte der Typ nur amüsiert mit den Schultern.

„Wenn sie meint, muss da ja was dran sein. Betrunkene sagen schließlich immer die Wahrheit.“ Dabei sah er mir direkt in die Augen, was mich plötzlich spontan nervös machte. Sehr komisch. Denn das passiert mir normalerweise nie! „Schell einen dummen Kommentar machen“ , dachte ich mir, „sonst denkt er noch, ich find’ den lahmen Spruch gut!“

„Is ja klasse, dass du die Betrunkenensprache sprichst, konnte man das an der Uni belegen?“

„Nö, aber ich kann ja auch kein klingonisch und weiß trotzdem, dass ‚Star Trek’ der unerreichte, absolute Wahnsinn ist.“

Chapeau.

Ich erwidere sein Lächeln. Neben uns hält ein Taxi ein. Ich hätte eigentlich einfach einsteigen, mich verabschieden und heimfahren können. Tat ich aber nicht. Irgendwie fing ich wie von selbst an, zu quatschen: „So oder so – diese Aussage ist an sich sowieso schon mal völlig blödsinnig. Wieso sagen die Leute immer Sachen wie ‚Ihr passt super zusammen`oder ‚Ihr wärd ein tolles Paar’? Die prozentuale Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen wirklich zusammenpassen ist ja mal sowas von verschwindend gering. Das hat man doch auch selbst nicht nach fünf Minuten festgestellt …“

„Seh ich auch so. Ich kenne ein Paar, das ist über Tinder zusammenkommen. Nach drei Dates waren sie ein Herz und eine Seele. Das perfekte Match. Meinten sie zumindest. Haben ziemlich damit angegeben.“

„Lass mich raten – die sind heut’ nicht mehr zusammen.“

„Nö. Er hat erst nach zwei Monaten herausgefunden, dass sie nicht nur total eifersüchtig ist – sondern selbst ne ziemlich notorische Fremdgeherin.“

„Autsch. Und jetzt?“

„Jetzt bin ich seit über nem Jahr wieder überzeugter Single.“

Ich grinste. Er tat es mir gleich. Voll süßes Lächeln. Etwas hilflos packte er die Hände in die Hosentaschen, und blickte mich dann – erneut grinsend – an: „Ich hab das Gefühl, du willst heim und hast nicht so Lust auf Smalltalk. Darf ich dich trotzdem noch auf ein Bier einladen? Als Dank für deine Hilfe und um noch ein bisschen mehr über deine Ansichten zu perfekten Paaren zu hören? Ich verspreche dir, es lohnt sich…“

Damit zwinkerte er mir zu.

Hmmmm ……

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