18. Was Feli getan hat …

Leo, Tag 140

„Yo, ruf mich mal kurz an, wir müssen reden.“

Das ist so die Art Nachricht, die man nie bekommen möchte, und die vor allem Freundinnen, Ärzte und Steuerberater gerne verschicken. Aber… Ali? Was hätten wir denn bitte dringendes zu bereden?

Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Nach nur wenigen Sekunden geht Ali an sein Handy. „Na, Bussimausi, hab deine Nachricht gelesen. Willst du über deine Gefühle reden?“

„Haha, lustig. Folgendes: Es gibt ein Problem.“

Whoa, das klingt jetzt aber wirklich ernst, denke ich. Hat er vielleicht nach all den Jahren herausgefunden, dass ich es war, der seine geliebte Eminem-CD kaputtgemacht hat? (Ich konnte sie nicht mehr hören, zu meiner Verteidigung.)

„Also ich weiß ja, dass du nach dieser ganzen … Sache mit Amy nicht mehr mit ihr auf Facebook befreundet bist. Dein großes Glück ist, dass ich es schon noch bin, sonst hätte ich das hier nicht gesehen.“ Und Ali liest langsam vor: „ Sunshine Amy ist jetzt mit Felizitas Sommerloch befreundet.’“

Ich pruste den Schluck Wasser aus, den ich mir gerade zu Mund geführt habe. Dummerweise stehe ich in der Trambahn.

„Bitte was? Ist das dein Ernst?“, rufe ich ins Telefon, während ich der Mutti gegenüber von mir ein Taschentuch reiche.

„Kann dir gerne nen Screenshot schicken. Was auch immer da im Busch ist – das kann nicht gut für dich ausgehen.“

Als ich auflege, rasen meine Gedanken gefühlt von der Erde zum Mond. Was geht da denn bitte ab? Amy und Feli kennen sich? Woher denn bitte? Das letzte Mal hab ich Amy vor knapp einem Jahr gesehen, als sie ihren persönlichen Brexit gemacht hat. Und Ali meinte, sie wohnt auch immer noch in London. Was ist das hier also? Hat Feli geheime Briten-Connections, von denen ich nichts weiß?

Oder… stalked sie mich am Ende? Und wenn ja, warum? Vertraut sie mir etwa nicht? Gut, das wäre vielleicht keine große Überraschung, nach der Episode mit Susi der Terror-Stalkerin. Aber was denkt sie jetzt bloß von mir? Boah, ich hasse so nen Scheiß. Wir sind noch nicht mal richtig zusammen und schon ist alles mega-kompliziert. Und das Schlimmste ist: Irgendwie finde ich das nicht nur unsexy, sondern auch ziemlich abschreckend.

Nachdem ich diese Gedanken weitere zehn Minuten so vor mir hergeschoben habe, ist mir klar, dass nur Eines hilft: Ein zweites unangenehmes Telefonat.

„Ja?“, Feli geht ungewohnt verhalten ans Handy.

„Hey du. Ähm … also ich denke, du musst mir da was erklären.“

„Hä? Bitte?“

„Naja – warum zur Hölle du mit meiner Ex auf Facebook befreundet bist zum Beispiel.“ Ich merke, wie die Nervosität in mir aufsteigt. Verdammt. Sicher gibt es eine logische Erklärung. Sie wird mir das alles bestimmt gleich total vernünftig erklären können!

„Was? Spinnst du! Bin ich nicht.“

Ok. Auch ne Lösung.

„Naja, offenbar schon. Ali hat mir nen Screenshot geschickt“, sage ich, ohne groß drüber nachzudenken. „Und das hat mich ein bisschen verwirrt.“ Beziehungsweise komplett panisch gemacht, aber das muss sie ja nicht wissen.

„Sag mal Leo – spionierst du mir nach?!“

Doch ich höre, wie sie plötzlich hektisch auf ihrem Laptop herumklickt.

„Fuck.“

Jetzt bin ich noch weniger schlau, als vorher. Unruhig kratze ich mir am Kopf. Auch Feli scheint eeeetwas aus der Fassung.

„Fuckedifuckfuckfuck. Das war ein Versehen! Ich will bestimmt nicht mit deiner Ex befreundet sein.“ , meint Feli ernsthaft. „Schon gar nicht, wenn sie dir scheinbar so nahe steht und ihr seit frühestens nem Jahr auseinander seit …“ brummelt sie kaum verständlich hinterher.

Meine Erleichterung währt nur eine Sekunde: „Sag mal – woher weißt du eigentlich, wie meine Ex heißt, und was machst du auf ihrer Facebookseite.“

„Ich …. nix. Ich wollte halt wissen … wie sie so ist.“

Ok. Das ist mal ein mega Eingriff in meine Privatsphäre. Ich will prinzipiell nicht über Amy reden. Nie wieder. Und gleich drei Mal nicht will ich mit Feli drüber reden! Die schnauft am anderen Ende frustriert durch. Und jetzt – nicht bei der dem Wasserhahn-Vorfall bei unsrem ersten Date, nicht bei der Kotz-Episode bei Date zwei, nicht bei der Nummer mit Susi – nein, jetzt in diesem Moment spüre ich etwas, dass Feli eigentlich nie bei mir auslöst. Ich werde extrem ungeduldig und grantig.

„Kann es sein, dass du einfach etwas am Rad drehst?“

Feli dreht nun richtig auf: „Dann sag mir doch einfach, wie das damals mit euch zu Ende ging. Warum behauptest du, seit mehreren Jahren Single zu sein?!“

Ich bebe innerlich. „Ich glaube nicht, dass ich dir da eine Antwort schulde.  Wir haben gesagt, es bleibt alles erstmal  ein Projekt, ganz locker. Du bist grad das Gegenteil von locker.“

„Ich scheiß auf locker. Ich möchte doch einfach nur, dass du mir etwas von dir, von deiner Vergangenheit erzählst. Ich weiß faktisch NICHTS von dir, außer belanglosen Zeugs. Ich müsste nicht so am Rad drehen, wenn ich wüsste, auf wen ich mich einlasse!!“

Mein Brustkorb schnürt sich nun endgültig zu. Ich habe das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Und gleichzeitig bin ich sauer. Mega sauer!

„Ey Feli, ganz ehrlich. Aber das ist mir ne Nummer zu krass. Sorry. Kein Bock drauf.“

Eine Sekunde herrscht Stille am anderen Ende.

„Fein. Dann war’s das jetzt. Das ‚Projekt’ ist beendet!“

Und das nächste was ich höre, ist das Piepen durch das Handy. Ich kann mich nur mit Mühe davon abhalten, das sackteure 7er iPhone mit Schwung in die nächste Ecke zu pfeffern. Scheiße!

 

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